Was ist eine Leukozytendiapedese?

Bei der Leukozytendiapedese handelt es sich um das Hindurchtreten der weißen Blutkörperchen in das Endothel der kleinen Blutgefäße.

Der Fachbegriff steht für die Innenauskleidung der Arterien, Venolen und Kapillaren. Die Bewegung erfolgt stets extravasal. Demnach wandern die Immunzellen durch das Gefäßendothel außerhalb der Blut- und Lymphgefäße. Beispielsweise findet die Leukozytendiapedese bei der Rezirkulation der Lymphozyten in lymphatischen Organen statt.

Bislang zeigt sich der Mechanismus nicht vollständig aufgeklärt. Der Sinn dieser Form der Diapedese besteht darin, den weißen Blutkörperchen den Austritt aus dem Blut zu ermöglichen. Dadurch gelangen sie zu infiziertem Gewebe und leiten die Bekämpfung von Krankheitserregern ein.

Was geschieht bei der Leukozytendiapedese?

Bei der besonderen Form der Diapedese treten unterschiedliche Immunzellen aus den Gefäßen heraus. Dabei handelt es sich beispielsweise um:

Monozyten,
Granulozyten,
Makrophagen und
• Lymphozyten.

Der Prozess sorgt dafür, dass die Leukozyten das von Erregern befallene Körpergewebe erreichen. Zusätzlich leiten sie auf die Weise einen Entzündungsprozess ein und halten ihn in Gang. Demnach bedingt die Wundheilung das Hindurchwandern der weißen Blutkörperchen durch die Gefäßwände.

Die Wanderung der Immunzellen führt ebenfalls zu negativen Aspekten. Greifen sie beispielsweise körpereigenes Gewebe an, leiden Sie unter einer Autoimmunerkrankung. Zudem besteht die Möglichkeit, dass eine Entzündung nicht abklingt, sondern sich zu einer chronischen Störung entwickelt.

Um den Mechanismus, der für das fehlerhafte Austreten der Leukozyten aus dem Blut sorgt, zu verstehen, erforschen Wissenschaftler die Leukozytendiapedese. Die Extravasation der weißen Blutzellen erfolgt dabei in mehreren Phasen.

Zelladhäsionsmoleküle und chemische Signalstoffe arbeiten zusammen, um die Leukozyten aus dem Blutstrom abzufangen. Anschließend lotsen sie diese zu der infizierten Körperregion. Bevor die Immunzellen aus den Gefäßen austreten, haften sie an der Gefäßwand. Deren innere Oberfläche kleiden die Endothelzellen aus.

Eine exakte Erklärung für das Durchdringen dieser Schicht existiert bislang nicht. Die Leukozyten passieren den Endothelzellverband auf zwei unterschiedliche Arten. Bei dem para-zellulären Weg bewegen sie sich zwischen den geöffneten Kontakten der Endothelzellen. Des Weiteren nehmen die weißen Blutkörperchen den transzellulären Weg, bei dem sie direkt durch die Zellen dringen.

Versuche an Mäusen klären Wirkungsweise der Leukozytendiapedese
Prof. Dr. Dietmar Vestweber vom Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin versuchte, die Einwanderung der Immunzellen in das Gewebe zu erforschen. Zu dem Zweck kam es zur Züchtung genetisch veränderter Mäuse, die weitgehend über verschlossene Endothelzellkontakte verfügen.

Eine Mutation des Hauptadhäsionsmoleküls sorgt dafür, dass eine adhäsive Funktion nicht aufhört. Die entsprechenden Nagetiere besitzen stabilisierte Endothelzellkontakte. Stoffe, die Gewebeschwellungen hervorrufen – beispielsweise Histamin – führen dadurch nicht länger zur Gefäßpermeabilität. Der Umstand belegt, dass ein unumkehrbarer Verschluss der Endothelzellkontakte vorliegt.

Bei der Erforschung der Leukozytendiapedese zeigte sich, dass die modifizierten Mäuse weniger Immunzellen im Gewebe aufwiesen als normale Tiere. Dies lässt den Schluss zu, dass der Weg durch die Endothelzellkontakte den Hauptweg beim Austritt der Leukozyten darstellt.

Eine Veränderung bei der Einwanderung naiver Lymphozyten in die Lymphknoten existierte jedoch nicht. Daher gehen die Forscher davon aus, dass sich die Leukozyten-Auswanderung in diesen Gefäßen vom restlichen Körper unterscheidet.

Warum öffnen sich die endothelialen Zellkontakte?

Ebenso passieren die Leukozyten den Endothelzellverband parazellulär. Die Öffnungen innerhalb des Verbandes entstehen durch das Zusammenspiel der Phosphatase VE-PTP und des VE-cadherins. Dadurch erfolgt eine Stabilisierung der Adhäsionsfunktion. Um die Hypothese zu belegen, züchteten die Forscher erneut genetisch modifizierte Mäuse. Bei ihnen fand keine Dissoziation von VE-PTP und VE-cadherin statt.

Die Mutation sollte das Einwandern der weißen Blutkörperchen in Gewebe außerhalb der Blutgefäße hemmen. Im Versuch zeigte sich, dass die Dissoziation des VE-PTP/VE-cadherin-Komplexes Relevanz für die Leukozytendiapedese erhält.

Diapedese verhindern und Entzündungen lindern

Das Einwandern der Immunzellen in infiziertes Gewebe führt zur Aufrechterhaltung eines Entzündungsprozesses. Blockieren die Ärzte diese Form der Diapedese, verhindern sie die Entzündung. Ein Beispiel stellt die Hemmung der Adhäsionsmechanismen dar. Diese sorgen für die Anheftung der Lymphozyten an die Endothelzellen im Zentralnervensystem.

Durch die Blockade des Mechanismus kommt es zu einer wirkungsvollen Therapie der Erkrankung multiple Sklerose. Bei dieser entstehen Schäden neuronaler Gehirnstrukturen aufgrund eingewanderter Lymphozyten.

Des Weiteren besteht durch die Eindämmung des Immunzellaustritts die Möglichkeit, die Psoriasis genannte Schuppenflechte zu therapieren. Die Kenntnisse der Einwanderung der Leukozyten in Gewebe unterstützen neue Therapien gegen chronische Entzündungen. Dazu gehören gleichermaßen Gelenkentzündungen oder ein dauerhafter Entzündungszustand der Schilddrüse.

Die Diapedese der Leukozyten als Immunüberwachung

Die Auswanderung der Leukozyten in entzündetes Gewebe in Ihrem Körper erweist sich als normaler physiologischer Prozess. Bei der Bekämpfung von Keimen und der Gewebeerneuerung spielt der Vorgang eine wesentliche Rolle. Überdies sorgt die Diapedese der Lymphozyten für eine ganzheitliche Überwachung Ihrer Immunabwehr. Die Unterkategorie der weißen Blutkörperchen sorgt für eine Immunreaktion und gelangt über die Lymphe zurück in das Blutgefäßsystem. In der Fachsprache heißt der Wirkmechanismus Lymphozytenrezirkulation.

Durch die Erforschung der Leukozyten-Migration besteht die Option, Medikamente, die diese beeinflussen, zu entwickeln. Demnach gewährleistet die intensive Forschung der Leukozytendiapedese die Produktion von Arzneien, die bereits vorbeugend gegen Rheuma und Arthritis helfen.