Stellt der Arzt im Blutbild zu wenig Leukozyten fest, bezeichnet man das als Leukopenie.

Die weißen Blutkörperchen stehen an der Front der Immunabwehr, bekämpfen Erreger und vermitteln Entzündungsreaktionen. Sind zu wenig Leukozyten im Blut, leidet man verstärkt an Infektionen. Nachfolgend erklären wir Ihnen alles Wichtige über Leukozytenmangel im Blut.

Zu wenig Leukozyten: Was machen Leukozyten eigentlich?

Der Blutwert der Leukozyten, LEUK oder WBC für white blood cells, ist ein wichtiger Bestandteil des kleinen Blutbildes. Denn er gibt Auskunft über die Funktionsfähigkeit des Immunsystems.

Leukos
Blutkörperchen unter dem Mikroskop © Phoenixpix – Fotolia.com

Einige der weißen Blutkörperchen kümmern sich um eingedrungene Bakterien, Viren und Einzeller (zelluläre Immunabwehr), andere machen sie mit Antikörpern unschädlich (humorale Immunabwehr).

Daher führen zu wenig Leukozyten im Blut zu einer Verschlechterung des Immunstatus. Patienten leiden schneller an Infekten, die sich zudem über einen längeren Zeitraum hinziehen als normalerweise. Einen solchen Zustand mit verminderter Leukozytenzahl bezeichnet man medizinisch als Leukozytopenie oder kurz Leukopenie.

Zu wenig Leukozyten – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Leukozyten oder weiße Blutkörperchen sind die Zellen der Immunabwehr, die eingedrungene Krankheitserreger beseitigen. Daher machen sich zu wenig Leukozyten im Blut vor allem in einer verstärkten Infektanfälligkeit bemerkbar.
  2. Die Zählung der Leukozyten im Blut ist Bestandteil des kleinen Blutbildes; beim großen Blutbild unterscheidet man zusätzlich die verschiedenen Arten weißer Blutkörperchen.
  3. Zu wenig Leukozyten sind im Blut, wenn große Mengen davon verbraucht und nicht schnell genug nachgebildet werden. Das ist vor allem bei Infektionen und Autoimmunerkrankungen der Fall.
  4. Ebenso führt eine Beeinträchtigung der Bildung weißer Blutkörperchen zu einer Leukopenie. Dabei handelt es sich meistens um Schädigungen des blutbildenden Systems im Knochenmark.
  5. Blutkrebs (Leukämie) kann dazu führen, dass die Anzahl funktionstüchtiger weißer Blutkörperchen im Blut rapide abnimmt und sie durch nicht funktionierende Krebszellen ersetzt werden.

 

Zu wenig Leukozyten: Zugrundeliegende Krankheiten verursachen Folgeerkrankungen

Eine ganze Reihe von Erkrankungen , aber auch verschiedene Medikamente verursachen im kleinen Blutbild zu wenig Leukozyten.

Die so beeinträchtige Immunabwehr führt dazu, dass diese nicht alleine bleiben und sich in der Folge des geschwächten Immunsystems weitere Krankheiten ergeben. Dazu gehören in erster Linie Infektionen.

Im harmlosesten Falle besteht eine verstärkte Infektanfälligkeit, schlimmstenfalls können eigentlich harmlose Infekte bei völligem Versagen der Immunabwehr tödlich verlaufen.

Zu wenig Leukozyten: Tabelle

In der nachfolgenden Tabelle finden Sie die Normbereiche der verschiedenen Arten von Leukozyten sowie die Grenzen für ein Zuviel und Zuwenig an weißen Blutkörperchen.

weiße Blutkörperchen
Im Blutbild
klinische Beschreibung/Zelltyp Anzahl der
Leukozyten im Blut
normal Referenzbereich Leukozyten-Blutwert (LEUK, WBC) gesamt 3.800 – 10.500/µl
Lymphozyten 25 – 45 %
Granulozyten gesamt 58 – 72 %
neutrophile Granulozyten gesamt 57 – 67 %
▪ ▪ stabkernige neutrophile Granulozyten 3 – 5 %
▪ ▪ segmentkernige neutrophile Granulozyten 54 – 62 %
eosinophile Granulozyten 1 – 4 %
basophile Granulozyten 0 – 1 %
Monozyten 3 – 8 %
zu wenig Leukozyten Leukopenie (Leukozytopenie) < 3.500/µl
kritische Leukopenie < 800/µl
zu viel Leukozyten Leukozytose > 10.500/µl

Von klinischem Interesse und wichtig für die Labormedizin sind neben der Leukopenie als Verminderung aller gezählten weißen Blutkörperchen die Verminderungen der Lymphozyten (Lymphopenie) und Granulozyten (Granulozytopenie).

Hier spielt insbesondere die Neutropenie eine Rolle, eine verminderte Zahl neutrophiler Granulozyten, die den Hauptanteil der Granulozyten ausmachen.

Auch reduzierte Mengen an eosinophilen und basophilen Granulozyten oder an Monozyten kommen vor, spielen jedoch in der Diagnostik keine Rolle. Ihr normaler Anteil an der Gesamtheit der weißen Blutkörperchen tritt gegen die Zahl der Lymphozyten und neutrophilen Granulozyten ohnehin in den Hintergrund.

Beschreibung im Blutbild klinische Bezeichnung klinische Relevanz
zu wenige Leukozyten insgesamt Leukopenie, Leukozytopenie hoch
zu wenige Lymphozyten Lymphozytopenie (Lymphopenie) hoch
zu wenige Granulozyten Granulozytopenie hoch
▪ zu wenige neutrophile Granulozyten Neutropenie, Neutrozytopenie hoch
▪ zu wenige eosinophile Granulozyten Eosinopenie, Eosinozytopenie irrelevant
▪ zu wenige basophile Granulozyten Basopenie, Basozytopenie irrelevant
zu wenige Monozyten Monozytopenie irrelevant

Zu wenig Leukozyten und welche Erkrankungen führen zu Leukopenie?

Eine Leukopenie tritt auf, wenn

  • Infektionen weiße Blutkörperchen „verbrauchen“,
  • sie durch Autoimmunerkrankungen nicht schnell genug nachgebildet werden können,
  • die Blutkörperchen in Reserve haltende Milz sie dem Blutkreislauf entzieht,
  • das blutbildende Knochenmark geschädigt ist,
  • Medikamente die Blutbildung beeinträchtigen,
  • für ihre Bildung notwendige Substanzen fehlen,
  • oder Blutkrebs die Bildung reifer weißer Blutkörperchen verhindert.

Übersicht über die Erkrankungen

Abgesehen von den Nebenwirkungen einiger Medikamente sind vor allen folgende Erkrankungen für eine Verminderung der Leukozyten im Blutbild verantwortlich.

Erhöhter Verbrauch von weißen Blutkörperchen durch Infektionen. Bakterien, Viren und Einzeller bekämpft die Immunabwehr vor allem mit Zellen, die die Eindringlinge angreifen und unschädlich machen. Bei diesem Harakiri-Einsatz gehen die Zellen selbst zugrunde, und ihre Reste sowie die Aggregate aus Immunzellen, Erregern und Antikörpern werden von Fresszellen beseitigt. Dadurch entziehen Infektionen dem Blut Leukozyten. Zu diesen Leukopenien verursachenden Infektionen zählen

  • Bakterielle Infektionen
    • Typhus
    • Lyme-Borreliose
    • Brucellose
    • Psittakose
    • Brucellose
  • Infektionen mit Viren
    • Grippe und grippale Infekte
    • Masern
    • Mumps
    • Röteln
  • Infektionen durch Einzeller
    • Malaria
    • Typhus

Entzug weißer Blutkörperchen durch Autoimmunerkrankungen. Bei Autoimmunerkrankungen greift das Immunsystem irrtümlich körpereigene Substanzen an. Im Prinzip reagiert die Immunabwehr durch einen Fehlalarm ähnlich wie bei einer Infektion, mit vergleichbaren Auswirkungen auf den Gehalt des Blutes an weißen Blutkörperchen.

  • Allergien
    • Heuschnupfen
    • Hausstaubmilben-Allergie
    • Tierhaar-Allergien
  • Hashimoto-Thyreoiditis mit Zerstörung der Schilddrüse
  • Sjögren-Syndrom mit Zerstörung der Speicheldrüsen und Tränendrüsen
  • rheumatisches Fieber und
  • rheumatoide Arthritis durch Kreuzreaktion von Antikörpern gegen Streptokokken mit körpereigenen Strukturen
  • Kollagenosen, Erkrankungen des Bindegewebes
    • systemischer Lupus erythematodes
    • Sklerodermie
    • Polymyositis
      Dermatomyositis
    • Sklerodermie
    • Sharp-Syndrom
    • CREST-Syndrom

Krankhafte Veränderungen der Milz. Die Milz ist ein wichtiges Organ zur Speicherung von roten und weißen Blutkörperchen.

Bei Bedarf werden sie freigesetzt, sodass sie in der Peripherie ihren Aufgaben nachkommen können. Wenn sich die Milz krankhaft vergrößert, etwa infolge von Alkoholmissbrauch, spricht man von Hypersplenismus und Splenomegalie.

In dem auf diese Weise stark angeschwollenen Organ sammeln sich rote und weiße Blutkörperchen und werden so dem Blut entzogen. Die Folge sind Anämien (durch Fehlen roter Blutkörperchen) und Leukopenien (durch das Fehlen der weißen Blutkörperchen.

Schädigung des blutbildenden Knochenmarks. Rote und weiße Blutkörperchen werden beim Erwachsenen im blutbildenden System des Knochenmarks gebildet, etwa im Mark der großen Röhrenknochen oder der Beckenknochen.

Da stets Bedarf an Blutzellen besteht, gehört das Knochenmark zu den Zellen des Körpers, die die höchste Teilungsrate aufweisen. Das macht sie besonders empfindlich gegen alle chemischen und physikalischen Einflüsse, die die DNA schädigen.

Dazu gehören vor allem ionisierende Strahlen in Form von Radioaktivität und Bestrahlungen, wie sie bei der Krebstherapie angewandt werden.

Ebenfalls eine wichtige Komponente vieler Krebsbehandlungen ist die Chemotherapie mit Zytostatika, die die Zellteilung verhindern. Tumorzellen zeichnen sich durch schnelles Wachstum aus. Bestrahlung und Chemotherapie machen sich das zunutze und greifen solche schnell wachsenden Zellen an.

Der Haken dabei: Dazu gehören nicht nur die Tumorzellen, sondern auch die Zellen des Knochenmarks, ebenso wie die Epithelzellen der Häute und Schleimhäute oder Haarwurzeln.

Mangelerscheinungen in der Blutbildung. Für die Bildung von weißen Blutkörperchen benötigt das Knochenmark unter anderen Vitamin B12, Folsäure, Kupfer und Zink. Fehlt es an diesen Substanzen durch mangelnde Zufuhr oder unzureichende Aufnahme aus der Nahrung, tritt eine Leukopenie auf.

Überwucherung durch Blutkrebs. Bei Leukämien beginnen veränderte Zellen des Knochenmarks zu wuchern und bilden zahlreiche unfertige Zellen, die die Funktion der normalen Blutzellen nicht übernehmen können.

So kommt es zur paradoxen Erscheinung, dass das Blut voller (funktionsuntüchtiger) weißer Blutkörperchen ist, aber eine Leukopenie (an funktionierenden Leukozyten) herrscht. Auch hier leidet das Immunsystem, da die massenhaft produzierten Vorstufen seine Aufgaben nicht zu erfüllen vermögen.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  1. Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. Berlin 2014: Walter de Gruyter-Verlag. ISBN-10: 3110339978.
  2. Reinhard Andreesen, Hermann Heimpel: Klinische Hämatologie. München 2009: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 343731498X.
  3. Marlies Michl: BASICS Hämatologie. München 2016: Urban & Fischer/Elsevier-Verlag. ISBN-10: 3437421697.
  4. Helga Donath: Innere Medizin. Lehrbuch für Krankenpflege und Studium. 7. Auflage. Stuttgart 1993: Schattauer-Verlag. ISBN-10: 3794514963.
  5. Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  6. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2016: G. Herold-Verlag. ISBN-10: 3981466063