Der Begriff Polyzythämie findet synonyme Verwendung mit dem der Erythrozytose. Er steht dafür, dass die Menge der roten Blutkörperchen, der sogenannten Erythrozyten erhöht ist und es zu einer gesteigerten Blutneubildung kommt. Das Phänomen der Polyzythämie ist anhand eines erhöhten Hämatokritwertes zu bemerken.

Blutbahn mit Erythrozyten, Thrombozyten und Leukozyten

Polyzythämie – wenn das Blut zäher fließt

Der Hämatokrit bezeichnet das prozentuale Volumenverhältnis der Zellen im Blut. Die größte Menge dieser Blutzellen sind die roten Blutkörperchen, die Erythrozyten. Der Entdeckung, dass die roten Blutkörperchen vermehrt im Körper auftreten, gehen der Möglichkeit nach verschiedene Ursachen voraus.

Entweder liegt eine relative, eine sogenannte Pseudopolyglobulie oder eine absolute Polyglobulie vor. Bei der absoluten ist nochmals zwischen primärer und sekundärer Polyglobulie zu unterscheiden.

Was ist eine relative Polyzythämie ?

Bei einer relativen Polyzythämie liegt nur scheinbar eine krankhafte Verringerung der Erythrozyten vor. Der Anschein ergibt sich durch ein verschobenes Zell-Plasma-Verhältnis, wie es der Hämatokrit abbildet. Das veränderte Verhältnis geht bei einer PseudoPolyzythämie auf einen hohen Flüssigkeitsverlust, wie er nach dauerhaftem Erbrechen und schwerer Diarrhoe auftritt, zurück.

Den Zahlen der Erythrozyten nach ist es eine Polyzythämie , die sich nach der Gabe von Flüssigkeit wieder zurückzieht. Eine Dehydration des Patienten mit vorangehendem Flüssigkeitsentzug ist der Grund für das labordiagnostische Bild.

Was ist eine primäre Polyzythämie ?

Eine primäre Polyzythämie äußert sich wie die Erkrankung, die Mediziner als Polycythaemia vera bezeichnen. Dabei kommt es zu einer bösartigen Transformation und Vermehrung der Stammzellen im Knochenmark, die die Vorläufer der Erythrozyten sind. Die Folge ist, dass die Dichte der Zellen pro Liter Blut zunimmt.

Das führt zu Hautrötungen und hohen Hämatokritwerten, die sich in der Hyperviskosität des Blutes äußern. Das Blut fließt zäher aufgrund der hohen Zellanzahl im Verhältnis zum Flüssigkeitsanteil. Die Folgen sind Ischämie, eine Mangeldurchblutung des Gehirns oder der Herzkranzgefäße, periphere Durchblutungsstörungen und gefährliche Thrombosen.

Wie entsteht eine sekundäre Polyzythämie ?

Eine sekundäre Polyzythämie entsteht aufgrund von anderen primären Erkrankungen und ist als Erscheinung Folge dieser Krankheiten. Der sekundären Polyzythämie geht rückwärts gedacht eine erhöhte Produktion der Erythrozyten voraus, die aus einem erhöhten Erythropoietin- oder Cortisolspiegel resultiert.

Beide Hormone sind für die Steuerung und Regulierung der Entstehung der Erythrozyten verantwortlich. Ein erhöhter Erythropoietin-Spiegel ist seinerseits Symptom verschiedener Umstände oder Erkrankungen. Der Mediziner unterscheidet zwischen:

  • kompensatorischer Polyzythämie , bei der der erhöhte Erythropoietin-Spiegel eine Reaktion auf einen Sauerstoffmangel im Blut ist, dessen Ursache entweder in einem Höhenaufenthalt über 4.000 Meter oder einer Herz- beziehungsweise Lungenerkrankung zu suchen ist,
  • nephrogener Polyzythämie , die bei einer Raumforderung in der Niere durch multiple Zysten oder Tumore oder durch Durchblutungsstörungen eintritt,
  • paraneoplastischer Polyzythämie , die im Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung in Niere, Lunge, Leber oder Ovar steht.

Ein erhöhter Cortisol-Spiegel ist Ausdruck des Cushingsyndroms.

Symptome bei einer Polyzythämie

Eine Polyzythämie äußert sich in folgenden Symptomen:

  •         rotblaues Gesicht, ebenso gefärbte Hände und Füße,
  •         violette bis bläulich gefärbte Lippen, bekannt als Lippenzyanose,
  •         Schwindel und Ohrensausen,
  •         Atemnot, Nasenbluten, Kopfschmerzen,
  •         Sehstörungen, Konzentrationsstörungen und Depressionen,
  •         Angina Pectoris, der sogenannten Herzenge.

Therapie gegen eine Polyzythämie

Die Formen der Therapie unterscheiden sich je nachdem, ob es sich um eine relative oder absolute Polyzythämie handelt. Bei einer PseudoPolyzythämie reicht in den meisten Fällen die intravenöse Verabreichung von den Verlust der Körperflüssigkeit ausgleichenden Mittel wie Elektrolytlösungen.

Kritische Hämatokritwerte behandelt der Mediziner mithilfe von Aderlässen und Zugabe von Plasmaexpandern, welche die Dichte des Zellplasmas pro Liter Blut verstärken. Liegt eine primäre Polyzythämie vor, erfolgt die Behandlung der Symptome, da die Krankheit selbst nicht heilbar ist. Bei einer sekundären Polyzythämie hingegen ist die Behandlung der ursächlichen Erkrankung notwendig.

Der Sauerstoffmangel im Blut ist beispielsweise durch die Gabe von Sauerstoff zu therapieren.

Normalwerte für die Zahl der Erythrozyten

Normalwerte gibt es als absolute Anzahl der Erythrozyten, als Wert des Hämoglobins und als Hämatokritwert. Das Hämoglobin ist aufschlussreich, da es für die Bindung von Sauerstoff in den Erythrozyten verantwortlich ist. Die Anzahl der Erythrozyten in einem gesunden männlichen Erwachsenen beträgt 4,3 bis 5,7 Millionen pro Mikroliter Blut. Bei einem weiblichen Erwachsenen kommen 3,9 bis 5,3 Millionen Erythrozyten auf einen Mikroliter Blut. Für das Hämoglobin, den roten Blutfarbstoff, ist der Normwert bei einem männlichen Erwachsenen 13,5 bis 17 Gramm pro Deziliter, für einen weiblichen Erwachsenen zwölf bis 16 Gramm pro Deziliter. Der normale Hämatokritwert als Anteil der Blutzellen zum Gesamtblut ist für einen gesunden Mann 40 bis 52 Prozent und für eine Frau 37 bis 48 Prozent.

veröffentlicht von: Anna Nilsson,