Während bei Erwachsenen solide Tumoren wie Lungenkrebs und Brustkrebs den Hauptanteil der Krebserkrankungen ausmachen, zählen bei Kindern verschiedene Formen der Leukämie zu den häufigsten bösartigen (malignen) Neubildungen.

Hier stehen die akuten Formen ALL und AML im Vordergrund. Die Leukämie-Behandlung bei Kindern zielt darauf ab, die wuchernden Zellen einzudämmen und deren Vorläuferzellen gegebenenfalls durch neue Stammzellen zu ersetzen.

Leukämie Arten
chronische lymphatische Leukämie Copyright: Toeytoey bigstockphoto, leukozyten-info.de

Leukämie-Behandlung bei Kindern – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Ziel der Leukämie-Behandlung bei Kindern ist die vollständige Beseitigung der Krebszellen.
  2. Erreichen lässt sich das durch eine intensive Chemotherapie, die durch die Beeinträchtigung von Blutgerinnung und Immunsystem für den Patienten besonders belastend ist.
  3. Als Vorstufe kommt in einigen Fällen eine Vortherapie zum Einsatz, die bereits einen Großteil der Tumorzellen abtötet.
  4. Weitere Zytostatika in hohen Dosierungen beseitigen die meisten Krebszellen. Zur Sicherstellung des Behandlungserfolges dient weitere Chemotherapie, die auch die letzten davon beseitigt.
  5. Im Falle eines Rezidivs ist mithilfe einer allogenen Stammzelltransplantation ein Ersatz der geschädigten Stammzellen im Knochenmark möglich.

Zerstörung von Lymphoblasten
Zerstörung von Lymphoblasten. Konzeptionelle 3D-Darstellung der Therapie / Behandlung von akuter lymphatischer Leukämie – Copyright: Tyrannosaurus bigstockphoto

Ablauf der Leukämie-Behandlung bei Kindern

Die akuten Leukämien ALL (akute lymphoblastische Leukämie) und AML (akute myeolische Leukämie) stellen den Hauptanteil aller Krebserkrankungen bei Kindern. Am häufigsten tritt mit 80 Prozent aller Leukämien die ALL auf, am zweithäufigsten die AML.

Beide Formen zeichnen sich durch einen akuten, raschen Krankheitsverlauf aus. Während sich die vorwiegend bei Erwachsenen auftretenden chronischen Leukämieformen über Jahre unbemerkt entwickeln und erst allmählich zu gesundheitlichen Problemen führen, schreiten AML und ALL sehr rasch innerhalb weniger Wochen und Monaten voran.

Findet keine Therapie statt, breiten sich unreife Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen im ganzen Körper aus, ohne die Funktionen der Immunabwehr übernehmen zu können.

Die überwucherten Leukozyten reichen nicht mehr aus, um eine ausreichende Infektabwehr sicherzustellen, und auch der Anteil der roten Blutkörperchen kann seine Aufgaben nicht mehr zufriedenstellend erledigen. Die Folge sind Infektanfälligkeit, Blässe, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust. Bereits geringfügige Infektionserkrankungen verlaufen tödlich.

Wie genau die Leukämie-Behandlung bei Kindern aussieht, hängt von zahlreichen Faktoren ab, die der behandelnde Onkologe berücksichtigen muss.

Dazu gehören unter anderem der Typ der Leukämie, Allgemeinzustand des Patienten und das Alter. Je schneller mit einer Therapie begonnen wird, desto besser sind die Heilungsaussichten.

 

Wie lange dauert eine Leukämie-Behandlung bei Kindern?

Die Dauer der gesamten Therapie liegt bei der ALL bei etwa zwei Jahren. Etwa ein halbes Jahr dauert die intensive stationäre Phase mit Aufenthalt im Krankenhaus, daran schließen sich rund eineinhalb Jahre mit ambulanter Behandlung an.

Bei einer AML liegt die Therapiedauer bei rund eineinhalb Jahren, sofern kein Rückfall auftritt und keine Stammzelltransplantation notwendig wird.

Chemotherapie
Infusion Konzentration Leukozyten nach einer Chemotherapie Copyright: MKrivonos bigstockphoto

Ablauf der Leukämie-Behandlung von Kindern

Je nach Krankheitsverlauf, Gesundheitszustand und genauerer Klassifikation der Leukämie kommen verschiedene Therapieabschnitte zum Einsatz.

Vortherapie

Ziel der Vortherapie ist es, die wuchernden Leukämiezellen vorsichtig zu reduzieren. Das ist vor allem bei Patienten nötig, bei denen sich innere Organe infolge von Ansammlungen von Leukämiezellen stark vergrößert haben. Eine schnelle Beseitigung hätte Auswirkungen auf die Blutgerinnung und würde die Nieren durch beim Zellabbau massenhaft anfallende Harnsäure schädigen (Zellzerfallsyndrom).

Die Vortherapie besteht aus einer kurzen Chemotherapie meist mit ein oder zwei Zytostatika und dauert meist nur eine Woche.

Induktionstherapie

Die Induktionstherapie ist die eigentliche, sehr intensive Chemotherapie, welche die schnell wachsenden Tumorzellen abtötet. Sie nimmt bei der ALL etwa vier Wochen in Anspruch, bei der AML acht Wochen. Während der Therapie kontrolliert man den Behandlungserfolg anhand von Knochenmarksuntersuchungen. Im Idealfall werden die Krebszellen zurückgedrängt und die normale Blutbildung nimmt ihre Arbeit wieder auf.

Die hochdosierte Chemotherapie ist für den Patienten besonders belastend und beeinträchtigt vor allem Immunsystem und Blutgerinnung. Daher ist der Schutz vor Infektionen in dieser Phase besonders wichtig.

Konsolidierungstherapie

Während der Konsolidierungsphase verwendet man teils andere Zytostatika, teils noch höhere Dosierungen. Ziel dieser Maßnahme ist die Konsolidierung, das heißt Festigung der durch die Vortherapie und Induktionstherapie erzielten Remission der Tumorzellen. Erreicht wird das durch das Abtöten weiterer Tumorzellen, welche die erste Runde der Chemotherapie überlebt haben.

ZNS-Therapie

Die Blut-Hirn-Schranke sorgt dafür, dass viele Arzneimittel, so auch viele Chemotherapeutika, nicht in das Gehirn gelangen. Die ZNS-Therapie soll sicherstellen, dass auch solche Leukämiezellen abgetötet werden, die im Zentralnervensystem vorliegen, da sie bereits innerhalb kurzer Zeit für einen Rückfall sorgen würden – auch wenn kein unmittelbarer Befall festgestellt wurde. Denn bereits wenige Zellen reichen für ein erneutes Tumorwachstum aus.

Für die ZNS-Therapie verwendet man spezielle Zytostatika, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden können.

Zudem kann man diese direkt in das Zentralnervensystem einbringen, indem man sie in das Nervenwasser (Liquor) injiziert, die Rückenmark und Gehirn umspülen. Das geschieht mithilfe einer Lumbalpunktion am Rücken (intrathekale Chemotherapie). Wurde ein Befall des Gehirns mit Leukämiezellen festgestellt, kommt eine Bestrahlungstherapie hinzu.

Reinduktionstherapie

Eine neuerliche Induktionstherapie verbessert bei vielen Formen der ALL den Behandlungserfolg. Die Vorgehensweise ist ähnlich wie bei der ersten Induktionstherapie und hat das Ziel, alle verbliebenen Krebszellen sicher und vollständig zu beseitigen. Vor allem bei Hochrisikopatienten ist diese Maßnahme empfehlenswert.

Erhaltungstherapie

Die Chemotherapie erreicht nur jene Krebszellen, die sich zum Zeitpunkt der Behandlung im Wachstum befinden. Ruhende Zellen werden von ihr kaum erfasst. Daher besteht die Gefahr, dass Tumorzellen während der Therapie im Ruhezustand waren und nach der Chemotherapie erneut das Wachstum aufnehmen.

Um dies zu verhindern, schließt sich an die Hauptbehandlung von AML und ALL eine Erhaltungstherapie an. Sie besteht aus einer wesentlich geringer dosierten und weniger intensiven Chemotherapie und erfolgt in der Regel ambulant. Zeigt sich nach einer gesamten Therapiedauer von zwei Jahren kein Rückfall, gilt die Leukämie als geheilt und es kann auf eine weitere Erhaltungstherapie verzichtet werden.

Stammzelltransplantation
Stammzelltransplantation Copyright: Eraxion bigstockphoto

Stammzelltransplantation

Die meisten ALL-Patienten können mit einer intensiven Chemotherapie dauerhaft geheilt werden. Trotzdem kommt es bei etwa 15 Prozent zu einem Rückfall (Rezidiv). Neben Chemotherapie und Strahlentherapie steht hier die allogene Stammzelltransplantation als Therapieoption zur Verfügung.

Vor der eigentlichen Stammzelltransplantation werden die Stammzellen des Knochenmarks durch Bestrahlung und/oder Chemotherapie vollständig beseitigt. Danach ist eine strenge Abschirmung der Patienten notwendig, da bereits kleine Infekte mangels Immunsystem nicht mehr bekämpft werden können und tödlich verlaufen könnten.

Nach dem Einpflanzen von neuen Stammzellen wächst das blutbildende System neu heran. Daher kann sich die Blutgruppe ändern und baut sich ein vollständig neues Immunsystem.

Wie sind die Aussichten der Leukämie-Behandlung bei Kindern?

Moderne Therapieverfahren haben die Überlebensrate von Kindern mit Leukämie deutlich verbessert. Maßgeblichen Anteil daran haben vor allem neuartige Chemotherapien und die Stammzelltherapie. Noch in den 1960er Jahren lag die mittlere Überlebenszeit von Kindern mit der Diagnose ALL bei vier Monaten, heute können 90 Prozent der Erkrankten dauerhaft geheilt werden. Bei der AML ist die Prognose weniger günstig, wobei die Heilungsrate hier bei über 70 Prozent liegt.

 

Quellen, Links und Literatur

  • Charlotte Niemeyer, Angelika Eggert (Hrsg.): Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. 2. Auflage. Heidelberg 2018: Springer-Verlag. ISBN: 978-3-662-43685-1.
  • Dietrich Reinhardt, Thomas Nicolai, Klaus-Peter Zimmer: Therapie der Krankheiten im Kindes- und Jugendalter. 9. Auflage. Heidelberg 2014: Springer Verlag. ISBN-10: 3642418139.
  • Helmut Gadner, Gerhard Gaedicke, Charlotte Niemeyer, Jörg Ritter (Hrsg.): Pädiatrische Hämatologie und Onkologie. Heidelberg 2006: Springer-Verlag. ISBN-10: 3540037020.
  • Lorenz Grigull, Benedikt Wronski: Huckepack durch die Kinderonkologie: Einsteigerbuch für die Kitteltasche. Heidelberg 2016: Springer-Verlag. ISBN-10: 3662499096.
  • Paul Imbach, Thomas Kühne, Robert J. Arceci (Hrsg.): Kompendium Kinderonkologie. 3. Auflage. Heidelberg 2014: Springer-Verlag. ISBN-10: 3662434849.
  • Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.V. (AWMF):